Wir veröffentlichen hier einen Leserbrief unseres Genossen Rudolf Staudt, der auf den Beitrag von Landrat Enders in der Rhein-Zeitung vom 25. April 2025 reagiert. Mit klaren Worten und gut belegten Argumenten bringt er seine persönliche Sicht auf die Debatte um Julia Klöckner und die gesellschaftliche Rolle der Kirchen ein. Lesenswert für alle, die sich ein eigenes Bild machen wollen.
Wenn Landrat Enders erstaunt ist über die Kritik „vermeintlicher prominenter SPD- und Grünen-Vertreter“ an den Interview-Aussagen der neuen Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, so ist ihm wohl entgangen, dass zu den ersten Kritikern auch namhafte Mitglieder seiner eigenen Partei gehörten: Armin Laschet (früherer MP von NRW) hat die Aussagen von Klöckner ebenso kritisiert wie der Vorsitzende des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke(nachzulesen in der online-Ausgabe der ZEIT vom 22.4.2025). Unliebsame Kritik dadurch zu desavouieren, dass man sie (um es mit Friedrich Merz zu sagen), „linken und Grünen-Spinnern“ zuschreibt, ist untauglich und allzu durchsichtig.
Aus dem Mund eines Politikers hört es sich befremdlich an, wenn er gesellschaftlichen Gruppen (und dazu gehören in Deutschland auch immer noch die Kirchen, wenn auch ihre Relevanz, die sich in Mitgliederzahlen manifestiert, seit langer Zeit abnimmt) Ratschläge erteilt, zu welchen Themen sie sich bitteschön nicht zu äußern haben. Zu den Kernaufgaben der Kirchen gehört sicher, wie Landrat Enders es beschreibt, die Verkündigung des Evangeliums. Aber dabei kann es ja nicht bleiben. Die Menschen wollen ja zu Recht wissen: Was heißt das denn für mich und meine heutige Situation. Und an dieser Stelle können die Kirchen ja nicht passen. Aus der sogenannten Befreiungstheologie in Südamerika stammt der Satz: “Die Kirche muss die Ketten von Gefangenen sprengen, anstatt sie mit Blumen zu schmücken“. Das heißt, der Hinweis auf ein besseres Leben im Jenseits reicht als Ratschlag für Menschen, die heute in Not und Ungerechtigkeiten ausgesetzt sind, bei weitem nicht aus. Sollen Missstände und Ungerechtigkeiten abgebaut werden, geht das nur über gesellschaftliche Veränderungen. Hier Hinweise und Anregungen zu geben ist nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der Kirchen. Und schon ist man in der Politik.
Zurzeit sind die Nachrichten voller Lob über das Wirken von Papst Franziskus, der in Wort und Tat auf Probleme, Missstände und Ungerechtigkeiten in aller Welt hingewiesen hat. Das war letztlich auch immer eine Einmischung in die Politik. War das aber deshalb schlecht oder eine Grenzüberschreitung?
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofkonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat es im TV-Interview auf den Punkt gebracht: "Das Evangelium ist politisch!".
Ein Leserbrief von Rudolf Staudt, Alsdorf.